Brief vom 19. September 1839

Von: Carolath-Beuthen, Adelheid von (1797–1849)
An: Pückler-Muskau, Lucie von (1776–1854)
Ort: Carolath
Datum: 19. September 1839
Umfang: 1 Br. 4 Bl.
Standort: Pückler-Archiv Branitz, Kasten 2, Mappe 26
Signatur: NPCH.LPAC39.021

Beschreibung

Rückkehr aus Gastein, sie ist befreit von jenen schrecklichen Herzschmerzen die mir und Euch allen die ihr mich liebt so viele Qualen geschaffen hatten, Meine erste und heilige Pflicht ist also anzufragen: ob du in Muskau bist? Wie deine Gesundheit? Wie deine Gemüthsverfassung? Wie die Lage der Dinge?, Dein Brief an meinen theuren geliebten Heinrich bereitete mir großen Schmerz - ärmste Mutter - so hat der Kummer dich ganz eingenommen daß er auch den gewiß Unschuldigsten daran dich so sehr verkennen macht - er, der steets so delicat, so ehrfurchtsvoll handelte, der sich nie in etwas einmischte und diesem Grundsatz treu gar nicht gewagt hätte Muschwitz den Urlaub zu verweigern weil er ja gar nicht ahnden konnte daß ohne dein Wollen dieser Schritt geschehen könnte, auch bei der gänzlichen Unwissenheit über den Stand deiner Angelegenheiten nachdem was von Freunden darüber verlautetet urtheilend: daß nur die Idee gegen dich seine Verpflichtungen zu lösen, den Fürsten den früher auch von dir getheilten Wunsch Muskau zu verkaufen einflößen könne - dies allein also eine dir gute Absicht wie konnte er der so gut ist auch je eine andere haben, konnte meines theuren Mannes Handlung leiten der sich das größte gewissen daraus gemacht haben würde wenn er durch jene Verweigerung eine Rührung hervorgebracht hätte die dann wie ein Eingriff in die Räder des Geschicks ihm erschienen wäre er wusste ja auch nichts anderes als was alle Welt wusste und öffentlich davon sprach wie konnte er denken du solltest allein es ignorieren er empfand dein Schweigen darüber mit jener Ergebenheit welche die Gewohnheit sei 22 Jahren nie deines Vertrauens in deinen Angelegenheiten geendigt worden zu seyn nun schon von seiner Seite in jene [...] Resignation verwandelt hat daß er um keinen Preis als Sohn fragen würde wo die Mutter nichts zu brauchen für nöthig erachtet - wollte Gott du hättest theuerste Mutter sein edles theilnehmendes Gemüth als natürlichste Stütze benutz und mit Offenheit deine Verhältnisse ihm der es gewiß verdient dargelegt, ein so trauriges Verkennen hätte dann nie statt finden können! - Warum willst du aber auch in Muschwitz ein so feindliches Princip erkennen [.] welche Gründe könnten ihn bewegen gegen dich als Verräther oder überhaupt gegen Jemand aufzutreten. Der Wille und Wunsch des Fürsten muß doch sehr pronanciert gewesen seyn und sicher bei Muschwitz wie bei uns allen stand die Idee fest daß ohne deinen Willen nie so ein Schritt geschehen könnte - doch ich bin weit entfernt mich als Vertheidigerin einer Sache und Handlungsweise aufzurufen von der ich nichts weiß nur mein eigenes Gefühl giebt mir diese Weise darüber zu denken ein, und Gott weiß es wie ich im Gegensatz wieder Nüance deiner Empfindungen deines Schmerzens theile nur nicht die Bitterkeit gegen meinen theuren geliebten Heinrich der sie gewiß nicht verdient [.] Gott wie hat sich in Kurzem alles geändert, welcher Schmerz ergreift mich wenn ich es bedenke und deine Lage meine arme gute beste Mutter [.] wüsste ich nur wie dir jetzt ist [, ] ob es dir gelungen den Fürsten umzustimmen oder er dir andere Aussichten gab [.] ob du nach Wien reisest wohin die öffentlichen Blätter sagen der Fürst sich begiebt?, sie ist über Wien zurück nach Carolath gereist, um dort der Tochter Lucie ein Geburtstagsgeschenk zu kaufen, Sorge um die Mutter macht ihr zu schaffen, wer soll in so ernstem entscheidenden Momente dir zur Seite stehen?, weitere Pläne.