Brief vom 6. November 1841

Von: Carolath-Beuthen, Adelheid von (1797–1849)
An: Pückler-Muskau, Lucie von (1776–1854)
Ort: Wiesbaden
Datum: 6. November 1841
Umfang: 1 Br. 2 Bl.
Standort: Pückler-Archiv Branitz, Kasten 3, Mappe 28
Signatur: NPCH.LPAC41.033

Beschreibung

Reise mit der Eisenbahn über Halle nach Wiesbaden, sie logierten in Halle in einem Hause wo das 300jährige Jubiläum der Reformation, durch ein großes Gastmahl von 300 Personen; meist Professoren, Geistliche oder geistlich werden Wollende, mit Essen u Trinken und furchtbaren Schreien und tobenden Hurrah Rufen gefeyert ward. Sehr würdig und gewiß dem Zweck entsprechend - denn unter anderem, ward ja auch bei der Reformation das Fasten abgeschafft also ist es gewiß ganz in dem Sinne der Reformatoren tüchtig zu schmausen, Doktor Luther liebte ja Wein, Weib und Gesang!, Berichte über die Feier auch in der Zeitung, Weiterreise über Kassel: es hat eine herrliche Lage, der Tag war aber leider nicht hell, u die Wasser auf Wilhelmshöhe nicht mehr in Bewegung. So begnügten wir uns damit, den Augarten u die wunderschöne Orangerie, wie ich nie eine ähnliche sah, in Augenschein zu nehmen, Stämme wie Eichen mittlerer Größe, und herrliche Kronen, auch das sehr interessante Museum, mit vielen Alterthümern u Merkwürdigkeiten, so wie das innere des churfürstlichen Palais, sahen wir, und die angefangene, jetzt als Ruine unausgebaut liegende Kettenburg, eine großartige Idee, deren Ausführung sich zu versichern, der alte Churfürst, den Sohn mit den Grundstein legen u sich auf dem Todtenbett ein Versprechen geben ließ: er möge es fortbauen - dennoch unterließ derselbe es, und wie man sagt, kostete was jetzt davon ausgeführt ist, über fünf Millionen Thaler! - Cassel ist sehr tod, wenn jedoch der so reiche Landesherr dort wohnte u Hof hielte, müße es ein sehr angenehmer Aufenthalt seyn können, Weitereise nach Frankfurt zum Eisenbahnhof, dann in einer Stunde in Wiesbaden, comfortäble Unterkunft in Wiesbaden, Gedanken an die tote Tochter, alle grüßen den guten Lou.