Brief vom 17. September 1819

Von: Carolath-Beuthen, Adelheid von (1797–1849)
An: Pückler-Muskau, Lucie von (1776–1854)
Ort: Carolath
Datum: 17. September 1819
Umfang: 1 Br. 4 Bl.
Standort: Pückler-Archiv Branitz, Kasten 1, Mappe 7
Signatur: NPCH.LPAC19.019

Beschreibung

Meine gute liebe Mama! [...] Ich habe dir heute recht viel intereßantes zu erzählen mein Mutterle und so wünsche ich denn von Herzen daß du wohl und vergnügt bist um dich mit uns zu freuen. Nachdem du mich verlaßen blieben wir nur 3 Tage ruhig, dann kam der König in die Gegend, mein Mann bewillkommte ihn schon in Grünberg, wo er ausnehmend freundlich gegen ihn war und ihn zum Thee einlud. Heinrich bot ihm an ein Déjeuné in Neustädel bey uns einzunehmen welcher er annahm. und so empfing ich denn unsern lieben Rex um 8 Uhr Morgens und gab ihm ein sehr hübsches Frühstück. Ich war Heinrichs Wunsch gemäß ganz allein da -- der König sehr gnädig frug mich nach Helmine, aber er schien sich zu genieren und ich sagte diesmal nur wenig von Ihr. Wir folgten nach Breslau, dort sah ich ihn auf einem Ball wo er nicht von meiner Seite wich; der General Menu der mit Prinz Karl auch da war gab mir zuerst zu verstehen daß der König wünschte bey der Rückreise über Carolath zu gehen, ich ließ also ein Wort darüber fallen worauf er sehr freundlich lächelte und meinte die Oder würde aber sehr frech, ich erwiederte ich hätte Undine gebethen die Wellen der Oder zu beschwören worauf er sagte: da muß ich wohl durchdringen! und nun war es entschieden. Wir blieben noch einen Tag in Breßlau dann folgte mein Mann dem König ins Hauptquartier und ich fuhr zu der guten Amalie Hacke deren Gut ganz nahe vom Maneuvre Platz entfernt liegt, schon auf dem Ball war sie gewesen und hatte sich theilnehmend gefreut daß der König sich immer so treu bleibt in seiner Freundlichkeit für mich. Wir fuhren zusammen zur Revue die sehr schön war und die gute Laune des Königs noch vermehrte. Nun ging es en carriere nach Carolath, dort fand ich unterdessen alle angelangten Hochzeitsgäste -- der König wollte den 9tn kommen und den 10tn sollte die Hochzeit sein. Er kam nicht den 9tn weil mann ihn forcierte noch einen Berg zu besteigen wozu er gar keine Lust hatte. Mein Mann fuhr ihm bis Glogau entgegen wo er ihm dieß erzählte und ganz freundschaftlich war. Heinrich lud ihn zur Hochzeit ein was er gleich annahm. den 10ten September Morgens um 8 Uhr langte er in unserer 6spannigen Equipage die ihn auf unserer Gränze abgeholt hatte hier an; ich empfing ihn mit sämtlichen Herren und Defficianten an der Hausthür dann führte ich ihn herauf in meine Zimmer wo alle Damen versammelt waren ausgenommen Helmine die nicht fertig war! -- Er ließ sich alle Zimmer zeigen und sie gefielen ihm sehr wohl als wir zurückkamen war unterdeßen Helmine hereingekommen. Er ging gleich auf sie zu, sie war hübsch aber leichenblaß und zitterte dergestalt daß sie sich an einem Stuhl halten mußte. Nun war er ganz vergnügt und ganz der alte gegen Sie -- Alles was er mir hingegen sagte komt mir mehr vor wie die herzlichste Theilnahme der Wunsch sie versorgt zu sehen, als jene romantische Liebe, aber gegen sie hat er nun wieder davon nichts erwähnt und also neuerdings jene Gefühle erwirkt die ihr Unglück ausmachen. - Nun ging es in die Capelle die sehr mit hübsch mit Guirlanden verziert war, du kannst dir denken wie feyerlich für unsere ganze Familie diese Trauung wurde durch die Gegenwart des geliebten Königs! Er selbst war sehr gerührt und es gefiel ihm wohl. Nach der Trauung gingen wir in den Garten, da war er ganz entzückt! und sagte hübsch zu meinem Mann: Sie vereinigen England und Italien hier in Deutschland! - der Himmel hatte auch diesen Freudentag für uns auf das herrlichste begünstigt. die Sonne glänzte so freundlich herein, die Oder sah so dunkelblau aus den grünen Umgebungen heraus wie ein schönes blaues Auge - - du kennst ja Carolath wie reitzend es ist und wie es jedes Gemüth ansprechen muß das Sinn für dergleichen Freuden hat, und nun die vielen hundert frohen Gesichter die schöne Musik, die vielen hübschen jungen Frauen und Mädchen! es war wirklich viel vereint um froh zu stimmen! - - Auch habe ich den König \uline{niemals} in Berlin so unbefangen heiter gesehen, er war so ungéniert und setzte alles so a son aise daß es unmöglich gewesen wäre, lustiger zu sein als wir es alle und der König selbst bey dem Dejeuné waren- Wir hatten den Gartensaal sehr hübsch mit jungen Orangenbäumen und Blumen von aller Art verziehren lassen und damit auch die eine Wand verdeckt die nicht ganz hübsch ist wie du weißt. Es war alles recht sehr fürstlich und hübsch, und deine schönen Gläser sowohl als die Blumen trugen nicht wenig bey die Tafel zu zieren. Die Bedienten waren alle in Gala die besten Weine wechselten mit sehr gut bereiteten Speisen und ich kann die versichern daß alles wie am Schnürchen ging Gott sey Dank. Nach aufgehobener Tafel wurde abermals de Garten besucht und da hatte ich nun eine lange Unterredung mit dem König. Er engagierte mich nehmlich sehr angelegentlich nach Berlin zu kommen und Helmine mitzubringen, worauf ich ihm antwortete dieß würde nie geschehen! Er frug warum und ich sagte ihm nun ohne Heel was er wohl schon wissen würde wie die Gnade die er für Helmine hatte schon damals in Berlin im höchsten Grad den Neid und also auch die Bosheit der Menschen erregt hätte wie viel wir darunter gelitten, und besonders meine arme Mutter! u.s.w. Nun erwiederte er wieder dieß könnten doch nur die [ ] indem er uns im höchsten Grade schätze und achtete, und daß wir uns auch immer so genommen hätten daß selbst die bitterste Bosheit nichts darüber sagen könnte, und mann könnte ihm doch wohl die unschuldige Freude gönnen mit Menschen umzugehen die ihm gefielen u.s.w. Unter diesen Gesprächen waren wir bis unten an die Oder gelangt durch den Garten den hübschen Weg. die Fähre war eben so ausgeschmückt wie bey der Wasserparthie die dir so gut gefiel -- Auch dem König gefiel es sehr er stieg aber nach 4 stündigem Aufenthalt doch à regret hinein Helmine Bianca und ich mit ihm, und so geleiteten wir ihn bis ans andere Ufer, wo er nicht aufhören konnte uns auf das gerührteste zu danken für die frohen Momente die er bey uns genossen. Er sagte mir er wäre in Jahren nicht so froh gewesen. Auch Prinz Karl war ganz enchantiert. Von den Umgebungen war Niemand als Bajonofski und Menu und daß machte grade die Sache recht angenehm. Heinrich begleitete ihn noch bis zum [Réké] und so wääre dann auch dieser schöne Traum wieder vorbei, aber eine sehr schöne Erinnerung daran wird uns ewig bleiben! - Aber für Helmine halte ich es für ein Unglück, denn obgleich er mich mehrere male gefragt hat warum sie denn die Parthien nicht annähme die sich präsentierten, so hat er doch ganz wie sonst mit ihr coquettiert und sie ist dadurch in einen Zustand gerathen der nur Mitleid erregt. Sie hat auch gleich nach seiner Abreise ohne Umstände und ohne alle Rücksicht auf ihre Zukunft den jungen Pohlen der uns bey näherer Bekanntschaft \uline{sehr wohl} gefiel, ohne alle Hoffnung und ohne auf dich abzuwarten abgewiesen und diesen guten Menschen so schrecklich stolz und schlecht behandelt daß er mehr als einmal in Thränen ausbrach. denn er liebte sie wahrhaft und hat sich durch sein hübsches Benehmen die Achtung meines Mannes sowohl als die unsrige erworben! - Gott weiß was noch aus Helmine werden wird! Sie macht mir in der That viel Sorge denn viele so vortheilhaften Parthien werden sich ihr nicht mehr verstellen und mit dem König wird es \uline{nie} zu etwas anderen kommen als zu dieser Augencoquetterie die Ihr nur schaden und zu gar nichts führen kann